Es muss schon etwas ganz besonderes sein, wenn man sich für einen Sonntagabend auf den Weg ins Salzburger Land macht. Dieses Mal kam ich nicht zum Snowboarden, sondern ausschließlich der Kulinarik wegen. Wie schon im letzten Jahr stecken Barbara Gollackner und Bernadette Wörndl ein unfassbares Engagement in ihr Herzensprojekt “Sommerfrische im Salzburger Land”. Ein Muss, hier ein Mal dabei zu sein. Die Eventreihe beweist, dass gute Köche mit guten Produkten quasi überall spitzenmäßiges Essen servieren können. Zwei Events gibt es heuer noch: Open Air bei den Hochgebirgsstauseen in Zell am See und bei einem spannenden historischen Wirt in Saalfelden Leogang.

Die Grundidee: An 4 außergewöhnlichen Locations im Salzburger Land – von der Staumauer bis zur alten Elektromotorenwerkstatt – findet ein einzigartiges Pop-Up Dinner der absoluten Spitzenklasse statt. Mit absoluter Spitzenklasse meine ich kein unnötiges Schickimicki, sondern die fantastischen Produkte aus der unmittelbaren Umgebung, die man sonst sicher nicht so leicht auf den Teller bekommt. Zubereitet werden sie in improvisierten Küchen von Bernadette Wörndl zusammen mit den besten Köchen der Region. Produkte, wie ich sie hier genießen durfte, findet man manchmal gar nicht so leicht und kennt man oft gar nicht, weil viele der tollen regionalen Produzenten kaum Marketing betreiben. Das beste aus der Umgebung Salzburgs bekam ich hier an einem wunderschönen Abend unter netten Menschen am Teller serviert.
Salzburg pur, in einem Menü von Bernadette Wörndl (der Initiatiorin) und Martin Kilga (Brandtners Paradoxon)


Zwar bin ich jedes Jahr mehrmals im Salzburger Land, allerdings vor allem zum Snowboarden und somit kenne ich die Produktvielfalt im Sommer gar nicht so gut. Kaum jemand kennt sie wohl so gut wie Barbara und Bernadette Wörndl. Sie hat früh gelernt, das Produkt und damit den Produzenten als Basis für alles andere in den Mittelpunkt zu stellen. Das taugt mir, es ist genau der Ansatz zu Küche und Genuss, mit dem ich mich identifiziere. Daher war klar, dass ich zumindest einen Teil des großartigen Programms der “Sommerfrische im Salzburger Land” miterleben muss. Die weite Anreise hat sich von Minute 1 an gelohnt. Jeder Cent sowieso, der Menüpreis von ca. 55 EUR ist ein Geschenk. Den logistischen und organisatorischen Aufwand hinter jedem einzelnen Dinner stelle ich mir beachtlich vor, keines gleicht dem anderen. Mit jedem Bissen schmeckt man, wie jeder einzelne Bestandteil der Gerichte sorgfältig ausgewählt und in das Menü eingefügt wurde. Selbst Details wie Dekoration, Besteck und andere Utensilien stammen aus der Umgebung. Es gibt Restaurants ohne all diesen Aufwand, in denen man für mehr Geld bei weitem nicht so gut und so liebevoll Zubereitetes isst. Die Produkte sind ausnahmslos vom feinsten, vieles werde ich in meiner Heimat Wien so nicht bekommen. Etwas ganz besonderes eben.



Dieser Gang hat mir besonders gut gefallen. Sinn der Sache war es, in einem Gericht alles zu verwerten, was vom Fisch nach dem Filetiervorgang übrig bleibt. Das ist nicht nur ein wichtiger und richtiger Gedanke, sondern ganz hervorragend gelungen. Die “Restlverwertung” schmeckte mindestens so köstlich wie das Filet selbst.



Von der Lammzunge habe ich sogar Nachschlag bekommen, weil bedauerlicherweise so viele Gäste (nicht wissend, was ihnen entgeht!) die Zunge verschmähten. File under: Speisen, die man zum Wohle der Gäste einfach inkognito servieren sollte. Danke, Martin Kilga!!



Das Menü kam übrigens von diesem Herd:

Spätestens hier wird einem klar, dass man mit guten Produkten quasi überall großartig kochen kann. Auch auf einer alten Holzwerkbank. Natürlich muss mindestens einer wissen, wie man mit fantastischen Dingen wie Lammzunge umgeht und das wissen sie, Martin Kilga von Brandtners Paradoxon und Bernadette.

Was mir an dem Konzept auch so taugt, sind die großen Tische, an denen alle zusammenkommen, die wenigsten kennen sich im Vorhinein. Gelandet bin ich übrigens neben dem Ehepaar Sporer von gleichnamiger Likör- und Punschmanufaktur in der Getreidegasse. Man sagt den Salzburgern ja nach, sie seien reserviert und hochnäsig. Ich habe an diesem Abend keinen einzigen so erlebt. Wahrscheinlich gilt hier genau wie überall: People who love food are the best people.
Die ebenso großartig kuratierte Wein- oder Bierbegleitung musste ich ob der Rückreise im Auto schweren Herzens auslassen. Dass Bier eine weit größere Rolle im Menü spielen kann, als man ihm zutraut und dass die Privatbrauerei Trumer mit der eigenen Biersommelière da ganz vorne mit dabei ist, durfte ich ja schon beim Blogger Camp in Salzburg miterleben.





Ich hoffe, es bald wieder zu einem Abend Sommerfrische ins Salzburger Land zu schaffen und vor allem, dass es noch viele Jahre Sommerfrische geben wird. Weder die Locations noch die Produkte werden ausgehen, dazu ist das Salzburger Land viel zu fantastisch. Kein Wunder, dass mittlerweile auch der Salzburger Tourismusverband auf das engagierte Projektteam aufmerksam geworden ist und selbst unter den Gästen vertreten ist. Größter Respekt und Dankbarkeit gebührt den Initiatorinnen und allen Beteiligten, die diese außergewöhnlichen kulinarischen Abende möglich machen. Es gibt so viele einzigartige Produzenten, die es verdienen viel öfter so ins Rampenlicht gestellt zu werden.
Wer wie ich sonst eher im Winter in Salzburg ist, kann das ruhig mal überdenken. Es gibt kulinarisch und landschaftlich so viel zu entdecken. So ein Ausflug ist schnell gemacht. Einen Besuch in Brandtners Paradoxon kann ich jedem nur ans Herz legen – es gibt dort zwar großartiges Essen, als Restaurant ist es trotzdem nicht zu bezeichnen. Ein Paradoxon eben.
Brandtners Paradoxon, Zugallistraße 7, 5020 Salzburg / Tel.: +43 664 1616191
Viele weitere sorgfältig ausgewählte Ausflugs- und Kulinariktipps von den zwei gebürtigen Salzburgerinnen Bernadette und Barbara findet ihr auf der Website des Projekts.